Der Einfluss motorischer Fluktuationen auf die Lebensqualität der Patienten
Während des 97. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zeigte sich ein reges Interesse im Bereich der Bewegungsstörungen, insbesondere der Parkinson-Krankheit, und die entsprechenden Sitzungen waren gut besucht.
Parkinson ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung in Deutschland mit mehr als 400.000 Betroffenen. Es ist die am schnellsten wachsende neurologische Störung weltweit, und es wird erwartet, dass sich die Zahl der Patienten bis 2040 verdoppeln wird.
Patienten mit Parkinson zeigen im Verlauf ihrer Erkrankung typischerweise eine Reihe von motorischen Symptomen, wobei jedes Symptom die einzelnen Personen in unterschiedlichem Ausmaß betrifft.
Ein zentrales Thema des diesjährigen Kongresses waren motorische Komplikationen sowie deren Häufigkeit und Behandlung im Verlauf der Krankheit. Das Fortschreiten der Krankheit ist ein wesentlicher Faktor für die Entwicklung motorischer Komplikationen. Innerhalb von 2 bis 5 Jahren treten bei bis zu 50 % der Patienten motorische Komplikationen auf, und zwischen 80 und 100 % der Parkinson-Patienten entwickeln nach 10 Jahren dopaminerger Therapie motorische Komplikationen. Viele Studien haben dieses Problem untersucht und berichten einen jährlichen Anstieg von etwa 10 % pro Behandlungsjahr.
Auswirkungen motorischer Fluktuationen
Während in den frühen Stadien der Krankheit, bei einer Krankheitsdauer von weniger als 6 Jahren, aus Sicht der Patienten vor allem die Verlangsamung der Bewegung, Tremor und Steifheit, die am meisten beeinträchtigenden Symptome sind, haben in den fortgeschrittenen Stadien der Krankheit laut einer aktuellen Studie motorische Fluktuationen den größten Einfluss auf die täglichen Aktivitäten und die Lebensqualität der Patienten.
Die fluktuierende Reaktion eines Patienten auf seine Medikamente kann in verschiedenen Formen auftreten, wobei die vorhersehbare End-of-Dose Symptomatik (Wearing-off) am häufigsten auftritt, gefolgt von Dyskinesien als zweithäufigste Form.
Die Tatsache, dass im Verlauf der Krankheit das Ausbleiben des Ansprechens auf die Medikamente von den Patienten als das größte Problem wahrgenommen wird, unterstreicht die Bedeutung einer präzisen Symptombeurteilung und einer hochgradig personalisierten Therapie bei der Nachsorge von Patienten.
Behandlung motorischer Fluktuationen
Bei der Behandlung motorischer Fluktuationen kann die Anpassung der Zeitintervalle und Levodopa Dosierung entscheidend sein. In der Regel sind niedrigere Levodopa-Dosen, die häufiger verabreicht werden, die beste Option zur Behandlung motorischer Komplikationen. Mit dem Fortschreiten der Krankheit werden die Behandlungsmöglichkeiten jedoch schwieriger, und weiterführende Therapien wie subkutane Apomorphin-Infusionen, Levodopa-Gel-Infusionen oder tiefe Hirnstimulation werden zu den möglichen Optionen.
Auf dem Kongress wurde auch die bedarfsorientierte Medikation diskutiert, mit der unvorhersehbare, anhaltende oder plötzliche Off-Episoden schnell und zuverlässig behandelt werden können. Aktuellen Studien zufolge besteht ein großer therapeutischer Bedarf an leicht anzuwendenden, gut verträglichen und wirksamen Bedarfsmedikamenten, wie beispielsweise subkutanes und sublinguales Apomorphin oder Levodopa-Inhalationspulver. Diese sollten bei Patienten mit motorischen Fluktuationen bereits früher in Betracht gezogen werden.
Während in Deutschland sowohl orale Medikamente als auch weiterführende Therapien zum Einsatz kommen, haben wir beobachtet, dass die objektive Messung motorischer Symptome nicht weit verbreitet ist. Gerade für die individualisierte Behandlung der Krankheit ist eine detaillierte Sichtbarkeit selbst der mildesten Symptome des Patienten entscheidend für eine optimale Symptomkontrolle und die Vermeidung motorischer Fluktuationen, insbesondere in den späteren Stadien der Krankheit.
Objektive Messtechniken können die subjektive Beurteilung der Symptome mit Hilfe von Bewertungsskalen, wie der Unified Parkinson's Disease Rating Scale (UPDRS), problemlos ergänzen. Zusammen ermöglichen sie es Ärzten, fundiertere Behandlungsentscheidungen für ihre Patienten zu treffen und die Wirksamkeit der Medikamente zu verlängern.
Wir laden medizinische Fachkräfte und Forscher dazu ein, gemeinsam mit uns die Zukunft eines datengesteuerten Managements der Parkinson-Krankheit zu gestalten. Durch den Einsatz fortschrittlicher Technologien und objektiver Messmethoden können wir die Behandlungsergebnisse verbessern, die Lebensqualität der Patienten erhöhen und Fortschritte in der Forschung und Behandlung von Parkinson erzielen.
Quellen:
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